Positionspapier des Eidelstedter Bürgervereins zur
Flüchtlingsproblematik in Eidelstedt
1901 wurde der Eidelstedter Bürgerverein gegründet. Bereits damals gehörte es zu den Zielen neben der „Pflege der Geselligkeit“ sich auch aktiv in die Entwicklung und Gestaltung des Stadtteils einzubringen. Der Bürgerverein sieht es deshalb auch als seine Aufgabe an, zu der aktuellen Flüchtlingsthematik im Stadtteil Stellung zu nehmen.
Zum Thema „Flüchtlinge im Hörgensweg – Chancen und Risiken“ haben die Mitglieder des Vereins auf einem öffentlichen Diskussionsabend mit Vertretern aus Verwaltung, Politik und anderen Institutionen über eine sozialverträgliche Unterbringung von Flüchtlingen in unserem Stadtteil gesprochen.
Ziel des Senats ist der Bau von 600 Wohneinheiten, für die eine Belegung mit jeweils 5 Personen vorgesehen ist. Da das Gelände noch Gewerbegebiet ist, kann eine Bebauung nur unter Anwendung des § 246, Abs. 10 BauGB erfolgen. Das bedeutet, dass die neu entstehenden Wohnungen für einen Zeitraum von 15 Jahren ausschließlich mit Flüchtlingen und Asylbegehrenden belegt werden dürfen. Fördern und wohnen mietet den Wohnraum für diesen Zeitraum an und entscheidet über die Belegung.
Nach den vorliegenden Planungen soll die Unterbringung auf dem Gebiet Hörgensweg bei einer Geschossflächenzahl von 1 und der doppelten Belegung wie im Sozialwohnungsbau erfolgen. Dies hat zur Konsequenz, dass im Hörgensweg auf nur 4,5 ha ca. 3000 Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Die übrigen 3,5 ha des Geländes sollen später ebenfalls mit Wohngebäuden bei einer Geschossflächenzahl von 1 bebaut werden. Eine derartig hohe Besiedlungsdichte ist in dieser Ausdehnung, eingegrenzt durch die Autobahn A23 für alle Beteiligten unzumutbar. Die Grundstücke am Hörgensweg und am Duvenacker grenzen beide an Autobahnen. Selbst durch hohe Lärmschutzwände sind diese Grundstücke einer hohen Schallbelastung ausgesetzt. Zudem führt die steigende Verkehrsdichte auf beiden Gebieten zu einer hohen Belastung durch Feinstaub und Stickoxiden.
Nach Auffassung des Bürgervereins steht dieses Konzept dem Ziel der Integration von Flüchtlingen entgegen. Eidelstedt ist im Bezirk Eimsbüttel der Stadtteil mit den schlechtesten Werten laut Sozialmonitoring-Bericht 2014 und dazu mit einer negativen Prognose. Statistische Werte, die aber In der Realität des täglichen Lebens wirklich und tatsächlich erlebt und zunehmend kritisch hinterfragt werden. Das Wohngebiet Eidelstedt-Nord und die Straßen um den Wiebischenkamp insbesondere sind Gebiete, in denen die soziale Situation noch immer angespannt ist. Vor diesem Hintergrund sollte eine weitere Bebauung des Areals am Hörgensweg, das nicht grundlos als Gewerbegebiet ausgewiesen ist, unterbleiben. Sollte sich eine Bebauung nach sorgfältiger Prüfung als unvermeidlich erweisen, ist es die Position des Eidelstedter Bürgervereins, dass eine Durchmischung sozialer Milieus von Anfang an mitgeplant wird. Nach unserer Auffassung sollte eine Mischbelegung realisiert werden, die alle Menschen berücksichtigt: Flüchtlinge, Familien, alte Menschen, Studenten und Obdachlose.
Der § 246 darf somit nicht die Grundlage der Bebauung sein. Mit dem Bau von Großsiedlungen ausschließlich für Flüchtlinge besteht die Gefahr, heute die städtischen Armutsgebiete von morgen zu erstellen.
Diese Befürchtungen werden bereits heute von Eidelstedtern konkret geäußert. Wesentliche Voraussetzungen für das Gelingen von Integration sind Toleranz und Verstehen auf beiden Seiten. Entscheidend dabei sind nach Auffassung des Bürgervereins die Erfassung von vorhandenen Kapazitäten und Ressourcen von Kitas, Schulen, Anbietern von Sprachkursen, Gesundheitsversorgung, verkehrlicher Erschließung, Nahversorgung mit Konsumgütern und Freizeitmöglichkeiten. Auf dieser Grundlage ergibt sich die Größenordnung einer zukünftigen Bebauung und die Planung zusätzlicher sozialer Infrastruktur. An diesem Klärungsprozess müssen die Eidelstedter, insbesondere auch die Flüchtlinge selbst, beteiligt werden; und zwar bevor Aufträge an Investoren vergeben werden und deren Planer die Eckpfeiler vorgeben.
Dabei sollte sich die Diskussion nicht nur auf den unmittelbaren Bereich Hörgensweg beschränken, sondern sich auch auf angrenzende Gebiete, insbesondere auf die möglichen Konsequenzen für das Eidelstedter Zentrum erstrecken.
Der Bürgerverein begrüßt daher ausdrücklich die vom Bezirksamt angekündigte Info-Veranstaltung zum Bebauungsgebiet Hörgensweg vor der Planungsvergabe an einen Investor und sieht darin die Möglichkeit einer gemeinsamen, von den Bewohnern mitgetragenen, Lösung künftiger Wohnquartiere. Ohne umfassende und frühzeitige Bürgerbeteiligung ist die Integration der zukünftigen Bewohner nicht erreichbar. Flüchtlinge können als Risiko gesehen werden oder als Chance. Es hängt davon ab, ob jetzt Rahmenbedingungen geschaffen werden, die entweder Probleme lösen, oder erst nachhaltig Probleme schaffen.
Wir als Bürgerverein sind bereit, an konstruktiven Lösungen mitzuarbeiten. Dabei ist es unser Hauptanliegen, dass Flüchtlinge kleinteilig, gleichmäßig und gerecht im ganzen Bezirk Eimsbüttel aufgenommen werden.
Beschlossen auf der Mitgliederversammlung des Eidelstedter Bürgervereins